Im Zentrum die Stadt.

Als drittgrößte jüdische Gemeinde Österreichs spielte Baden bei Wien stets eine zentrale Rolle im Leben aller jüdischen Bürger der Region. Es gab viele Einrichtungen, die im engen Zusammenhalt der jüdischen Gemeinde erschaffen worden waren.

Stadtkarte wird geladen...

Jüdische Einrichtungen

In Baden gab es - nach Zahlen der letzten repräsentativen Volkszählung aus dem Jahr 1934 insgesamt 1108 Menschen jüdischen Glaubens. Dies entsprach einem Anteil von 5 Prozent der damaligen Gesamtbevölkerung. Baden war somit die drittgrößte jüdische Gemeinde in Österreich (hinter Wien und Graz). Das blühende jüdische Leben spiegelte sich auch an der Vielzahl jüdischer Einrichtungen in der Stadt wider.

Synagoge Baden, Grabengasse 14

Verantwortlich für den Synagogenbau war der erste Präsident der jüdischen Gemeinde in Baden, Max Mandl. In einer Todesanzeige in der Badener Zeitung von 11.01.1919 wird darauf extra hingewiesen. Die Synagoge in der Grabengasse hat eine bewegte Geschichte. Schlussendlich ist es eine der letzten Erinnerungen an die einst drittgrößte jüdische Gemeinde in Österreich. Im Jänner 1871 hat der “Israelische Krankenunterstützungsverein“ an der Adresse „Grabengasse 14“ die Errichtungen eines Saales bei der Stadt beantragt. Die Adresse liegt zentral und nur etwa 50 Meter vom Badener Hauptplatz entfernt. Dieser Saal sollte der immer größer werdenden jüdischen Gemeinde in Baden als Betstätte zur Verfügung stehen. Im Mai 1871 wurde dem entsprechenden Antrag zugestimmt und bereits Ende August des selben Jahres wurde der Saal fertig gestellt.

Quelle: Privatsammlung Rosen

Der neue Saal war ungefähr 120 m² groß, fasste 250 Personen und konnte am 03.09.1871 eingeweiht werden. Unter den Anwesenden waren Vertreter der Stadt Baden sowie zahlreiche jüdische Gemeindemitglieder und Kurgäste. Für die Chorleitung und die Festrede war der berühmte Wiener Oberkantor (und persönlicher Freund von Schubert) Professor Salomon Spitzer zuständig.

„Der hiesige Kultusvorstand glaubt vermutlich sich um das Judenthum verdient gemacht zu haben, wenn er mit vieler Mühe, doch geringem praktischem Sinne eine Synagoge erbaute, die auch nicht allen billigen Anforderungen entspricht“

Vermutlich waren einigen Kurgästen die Beträumlichkeiten in der Badener Synagoge zu einfach, daher wurde mit der Planung einer neuen Synagoge begonnen. Wann genau lässt sich heute allerdings nicht mehr feststellen, da sich weder im Planarchiv des Bauamts Baden noch im Stadtarchiv der Stadt Baden entsprechende Unterlagen finden lassen. Es spricht aber viel dafür, dass die Badener Synagoge vom Badener Stadtbaumeister Franz Breyer geplant und errichtet wurde und dass die Arbeiten vermutlich Ende 1872 begonnen und im Sommer 1873 abgeschlossen wurden.

Der neue Saal hatte rund 170 m² und fasste ungefähr 500 Personen. Der Saal hatte eine Gesamthöhe von neun Metern und war zweistöckig. Der zweite Stock bzw. die Galerie war für die Frauen bestimmt. In den zweiten Stock gelangte man über eine Wendeltreppe im Foyer.

Der Saal verfügte über eine hölzerne „Kanzel“, einen an der Ostwand positionierten Schrein mit den Thorarollen. Die Gemeindemitglieder blickten direkt auf den Thoraschrein (Aron ha-Qodesch), gesondert davon gab es Bänke für die Mitglieder des Vorstands, die den Blick zur Raummitte hatten. Der Platz des Rabbiners war links neben dem Thoraschrein positioniert und blickte zur Gemeinde. Der Saal hatte zusätzlich einige zweieinhalb Meter große Fenster mit Bleiverglasung. Zusätzlich wurde der alte Betsaal am selben Grundstück umgebaut. Neben zwei kleinen Wohnungen befanden sich nun auch Räumlichkeiten für den Religionsunterricht am Gelände. 1874 wurde der alte Betsaal umgebaut. Der früher aus sechs Räumen bestehende Trakt wurde auf drei reduziert und 1883 wurde die Synagoge noch um ein außenliegendes Treppenhaus erweitert. 1888 wurde das Wohnhaus – welches direkt an der Grabengasse gelegen war – abgerissen und das Grundstück eingefriedet. Fortan konnte man auch von der Straße direkt auf die Synagoge sehen. 1903 wurde die Synagoge vom bekannten jüdischen Architekten Wilhelm Stiaßny renoviert. Bis zu seiner Zerstörung im Jahr 1938 blieb die Synagoge bis auf kleinere Umbauten unverändert.

Laut Zeugenaussagen wurde bereits im Juli bzw. August 1938 mit der Räumung des Tempels begonnen. Das Inventar wurde im Hof der Synagoge zu Brennholz zerhackt. Kurz vor den jüdischen Feiertagen wurde die Synagoge endgültig geräumt. Danach wurden die Räumlichkeiten sudetendeutschen Flüchtlingen zur Verfügung gestellt. Aber nicht ohne sie vorher „gründlich zu reinigen“, wie die Wienerwald Rundschau zynisch schrieb.

Im Zuge des Novemberpogroms (auch bekannt als "Reichskristallnacht") blieb die Synagoge von Brandschatzungen verschont. Die Gründe dürften wohl die unmittelbare Nähe zur städtischen Feuerwehr sowie die Nutzung der Säle für sudetendeutsche Flüchtige sein. Die zahlreichen wertvollen Gegenstände in der Synagoge sind im Zuge von Plünderungen verschwunden. Dazu heißt es in einem Schätzungsgutachten: „Einrichtungsgegenstände, Bibliothek und Kirchengeräte, Thorarollen, Gold- und Silbergegenstände, deren Wert heute schwer anzugeben ist (…) sind bei der Novemberaktion abhandengekommen.“

Nach der Nutzung der Synagoge als Unterbringung für die sudetendeutschen Flüchtlinge wurde sie als Sitzungsaal und später als Magazin verwendet. 1940 wurde der Tempel durch die Stadt Baden „erworben“.

Quelle: Stadtarchiv Baden

Zuletzt diente die Synagoge als Bereitschaftshaus für die technische Nothilfe. Nach dem Krieg beanspruchten die Sowjets die Synagoge für sich und richteten eine Mannschaftsküche ein. In den Nachkriegsjahren wurde die Synagoge rückgestellt. Immer wieder stand ein Abriss des Gebäudes im Raum. Dies konnte durch die engagierte jüdische Gemeinde in Baden verhindert werden. Nach jahrelangen Verhandlungen des Präsidenten der jüdischen Gemeinde MMag. Elie Rosen über die Renovierung sowie die Finanzierung der selbigen, konnte am 15. April mit den Bauarbeiten begonnen werden. Am 15. September 2005 wurden die Bauarbeiten abgeschlossen und das Gebäude konnte der jüdischen Gemeinde Baden übergeben werden. Die Synagoge verfügt nun über 75 Männer- und 40 Frauensitzplätze. Weiters ist das „Zentrum Interkultureller Begegnung“, kurz ZIB, im ersten Stock des Hauses untergebracht. Im ZIB finden regelmäßig Vorträge, Konzerte und Kinoabende statt.

Privatsynagoge Deutsch, Wassergasse 14

Heute erinnert nur noch wenig an die bewegte Geschichte, des aus der Biedermeierzeit stammenden Hauses in der Wassergasse 14. Teile der Räumlichkeiten, in denen früher gebetet wurde, werden heute von der Firma Rewe/Billa als Verkaufsfiliale verwendet.

Quelle: Stadtarchiv Baden

„Irgendwie zeitentrückt, weltentrückt scheint auch die kleine Synagoge: In den Glasscheiben der Vorhalle brechen sich die Strahlen der scheidenden Sonne. Blaue, weinrote, goldgrüne, topasgelbe Lichtreflexe und Sonnenkringel rieseln über die einfachen braunen Bänke und den auf weißseidenen Vorhang gestickten Stern Davis. Der warme Widerschein spiegelt sich in den marmornen Gesetzestafeln, belebt die strenge Kühle des Raums. Eine hölzerne Gitterwand trennt die Männer von den Frauen. Es gibt hier noch keine Frauengalerie. Von der niederen Decke hängt ein antiker, geschnitzter Holzluster herab. Nebenan das Lehrzimmer. Wer den Blick über die vielen Folianten an den Wänden schweifen läßt, kann sich eines unwillkürlichen Ehrfurchtschauers kaum erwehren. Eine wohltuende Atmosphäre von Ruhe und Sammlung, von ernstem Forschen und klarem, scharfem Denken gibt dieser dämmerigen Stube ein eigenes Fluidum.“

Leopold Herz hat die Liegenschaft 1849 erworben und richtete ein koscheres Restaurant und einen Betsaal für ungefähr 285 Menschen ein. In welchem Teil des Hauses sich der erste Betsaal befunden hat, lässt sich heute nicht mehr feststellen.

1864 war ein Ausbau geplant, der jedoch nie realisiert wurde. Der Plan von G. Zimmermann sah eine Erweiterung auf insgesamt 450 Sitzplätze vor. Als „ganz tempelähnlich (…) elegant und geschmackvoll eingerichtet“, beschrieb Bürgermeister Germer den Betsaal in einem Brief an die Bezirkshauptmannschaft Baden von 02.02.1871

Quelle: Stadtarchiv Baden

Nach dem Tod von Leopold Herz gelang das Bethaus in den Besitz der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Diese wiederum stellte die Synagoge der Badener Kultusgemeinde zum Abhalten von Gottesdiensten zur Verfügung. 1878 verfügte die Synagoge über einen Betsaal mit über 145 m². 1880 kaufte Johanna Löw (Schwester des verstorbenen Leopold Herz) das Haus von der Israelischen Kultusgemeinde Wien zurück. 1881 kaufte das Ehepaar Albert und Emma Deutsch die Liegenschaft Wassergasse 14. Im Dezember 1881 wurden Umbauarbeiten vorgenommen. Der Betsaal wurde – wohl durch die Konkurrenz der jüdischen Gemeinde Baden – auf rund 83 m² verkleinert. Die mit buntem Glas ausgeschmückten Türen sind auch heute noch erhalten. Ab den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde die Synagoge nur mehr zu bestimmten Feiertagen und zum Nachmittagsgebet am Schabbat benutzt – ein Großteil der jüdischen Bevölkerung in Baden dürfte wohl die Synagoge in der Grabengasse benutzt haben. Ab den 30iger Jahren wurde die Synagoge reaktiviert und wieder verstärkt genutzt. Grund dürfte wohl ein Rabbinerstreit gewesen sein.

Am 10. November 1938 wurden die Synagoge und die Lehrräumlichkeiten von ungefähr 30 SS und SA Männern zerstört. Sämtliche Fenster, Türen sowie die Veranda und die Marmortafeln wurden demoliert. Teile der Bibliothek sowie zwei Thora-Rollen der Familie Deutsch konnten in Sicherheit gebracht werden. Der Rest wurde im Innenhof – unter dem Beisein von Schaulustigen – verbrannt. Die Liegenschaft wurde 1938 arisiert und 1949 an die Erben von Dr. Samuel Deutsch rückgestellt.

An der Liegenschaft Wassergasse 14 wurden außerdem Zimmer an jüdische Sommergäste vermietet.

Beth Hamidrasch, Grabengasse 12

Um das Freibleiben der Tempelfenster zu sichern wurde 1893 mit Geldern der Chewra Kadischa die angrenzende Liegenschaft in der Grabengasse 12 gekauft. Das Gebäude wurde 1820 errichtet und war ebenerdig. Auf der Liegenschaft waren mehrere Wohnungen sowie Büroräumlichkeiten für die Kultusgemeinde und den Verein Chewra Kadischa untergebracht. Bedingt durch die Kriegshandlungen des Ersten Weltkriegs und dem dadurch entstandenen Zustrom galizischer Juden richtete man eigene Bet- und Lehrräumlichkeiten ein.

Im Tempel sowie im Bethaus in der Wassergasse wurde nach aschkenasischen Ritus gebetet. Die galizischen Juden beteten nach sephardischen (Nusach Sefarad) Ritus. Es gibt einige Unterschiede zwischen dem aschkenasischen und dem sephardischen Ritus – so wickelt man z.B. den Gebetsriemen (Tefillin) nach sephardischen Ritus im Uhrzeigersinn um den Arm, während die Aschkenasim dies entgegen dem Uhrzeigersinn tun. Dazu standen ihnen zwei Zimmer, ein Lehrsaal, ein Männerbetsaal mit 110 m² und eine 40 m² große Frauenabteilung zur Verfügung. Im September 1938 mussten die jüdischen Bewohner/innen der Grabengasse 12 ihre Wohnungen verlassen, da diese an „Deutsche weitergegeben“ wurde.

Chewra Kadischa Altersheim, Braitnerstraße 23

Die an der Schwechat gelegenen Liegenschaft Braitnerstraße 23 wurde 1913 von der Chewra Kadischa Wien gekauft. Auf dem Grundstück befanden sich ein Haus sowie zwei freistehende Hoftrakte. In weiterer Folge wurde ein Genesungsheim für insgesamt 22 kurbedürftige Arme eingerichtet und blieb bis 1938 in Betrieb.

Ab dem Jahr 1921 wurde zusätzlich noch eine Volksküche / Armenauspeisung betrieben. Im September 1938 wurden die Gemeinde- und Büroräumlichkeiten der jüdischen Gemeinde in die Braitner Straße verlegt, da die Räumlichkeiten in der Grabengasse – auf Befehl der Nationalsozialisten – geräumt werden mussten.

Im Jänner 1939 gelangte die Liegenschaft in den Besitz der Stadt Baden, die die Liegenschaft im August 1940 jedoch wieder weiterverkaufte. Vorher ließ man allerdings den jüdischen Bewohner/innen noch Mietzinsvorschreibungen zukommen.

Die Liegenschaft wurde nach dem zweiten Weltkrieg wieder an die Chewra Kadischa rückgestellt. 2005 wurde das Grundstück verkauft und das darauf befindliche Gebäude "geschliffen". Mittlerweile befindet sich ein Wohnhaus auf dem Grundstück.

Haus Todesco, Johannesgasse 10

Das Grundstück in der Johannesgasse 10 wurde 1845 angeschafft um darauf ein Gebäude für arme Badebedürftige zu errichten. Dies geschah aus Mitteln des bereits verstorbenen Hermann Todesco, der bereits zu Lebzeiten eine außergewöhnliche Spendenfreudigkeit besaß und zahlreiche wohltätige Projekte unterstützte.

Hermann Todesco (1791 – 1844) war ein jüdischer Großhändler, Großindustrieller und Bankier. Zur Erhaltung des Gebäudes sowie für Personalkosten wurden ebenfalls Mittel seinerseits zur Verfügung gestellt. Gemäß Stiftungsurkunde musste vierzig Kranken in dem Haus Unterkunft geboten werden, wobei die eine Hälfte (also zwanzig) der Plätze für Juden und die andere Hälfte für Christen vorgesehen war.

Für die koschere Bewirtung sorgte Hermine Eichner (1865 – 1942), die auch ein koscheres Restaurant in der Rollettgasse 7 betrieb. 1924 wurden vierzig Kinder aus Deutschland im Stiftungshaus in der Johannesgasse 10 untergebracht.

Am 17.08.1939 wurde die Stiftung mit Bescheid des Ministeriums für Inneres und Kulturelle Angelegenheiten aufgelöst. Das Vermögen und die Liegenschaft wurden der Stadt Baden eingewiesen. Am 22.06.1940 verkaufte die Stadt Baden die Liegenschaft und 1949 wurde die Liegenschaft der Republik Österreich zugesprochen. 1955 wurde die „Hermann Todesco Stiftung“ in ihrer Rechtspersönlichkeit vom Innenministerium wieder hergestellt und 1958 wurde die Liegenschaft in der Johannesgasse 10 erneut in das Eigentum der Stiftung rückgestellt.

1993 wurde die "Hermann Todesco Stiftung" aufgelöst, weil sie ihren Stiftungszweck nicht mehr erfüllen konnte und ihr Vermögen in das Eigentum der Stiftung Wohltätigkeitshaus Baden mit einem ähnlichen Stiftungszweck übertragen, und zwar, unter der Auflage, der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, ein Vorschlagsrecht für jährlich zwei Freigäste in der "Badekuranstalt Mariazellerhof" (nunmehr "Badenerhof Gesundheits- und Kurhotel") unter den übrigen Bedingungen einzuräumen.

Mikwe, Vöslauer Straße 31

Als Mikwe (auch Mikweh) wird das rituelle Bad der Juden bezeichnet. 1924 wurde auf der Liegenschaft Vöslauer Straße 31 durch Zubauten an dem bestehenden Wohnhaus eine Mikwe eingerichtet. Architekt war Franz Xaver Schmidt Junior (1893 – 1938).

Nach dem Anschluss 1938 wurden in der Vöslauer Straße 31 jüdische Bürger/innen untergebracht, die gezwungen waren ihre Häuser zu verlassen. 1939 mussten die jüdischen Bewohner/innen auch die Vöslauer Straße verlassen und die Wohnungen auf dem Grundstück wurden „Ariern“ zugewiesen.

Quelle: Privatsammlung Rosen

Der 1924 errichtete Zubau, in dem sich die Mikwe befand, ist 1938 im Zuge des Novemberpogroms gesprengt worden. 1940 gelangte die Liegenschaft durch Arisierungswege in den Besitz der Stadt Baden. 1952 einigte sich die IKG Wien mit den damaligen Besitzern in einem Rückstellungsverfahren auf einen Vergleich.

Waisenhaus, Germergasse 48

In dem 1889 errichteten Haus war ab 1921 das jüdische Waisenhaus untergebracht. 1920 kaufte der „Kriegswaisenfonds der Agudas Jisroel“ die Liegenschaft in der Germergasse 48. Nach Umbauarbeiten konnte das Haus 1921 eröffnet werden. Die feierliche Eröffnung wurde von hohen Vertretern der jüdischen Gesellschaft besucht und es wurde auch in der jüdischen Presse ausgiebig darüber berichtet. Im jüdischen Waisenhaus fanden größtenteils Waisenkinder aus Galizien und der Ukraine, die im Zuge des 1. Weltkriegs sowie der Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung ihre Eltern verloren hatten, ein neues Zuhause.

Quelle: Stadtarchiv Baden, Aufnahme 1903

Es war wohl nicht nur Ironie, sondern eigentlich schon Zynismus des Schicksals, dass die Kinder aus den osteuropäischen Pogromgebieten in das vermeintlich sichere Baden gekommen sind. Jahre später folgte der Höhepunkt der jüdischen Verfolgung in der Industrialisierung des Massenmordes - der Shoah.

Meine hochverehrten Repräsentanten der „Aguda“!
Mein ehrwürdiger, geliebter Amtsbruder!
Hochgeehrte Festversammlung!

Mitten im gewaltigen Sturm der Ereignisse, die seit dem grausigen Kriegsende mit den schaurigen und entsetzenerregenden Episoden über das jüdische Volk dahinbrausen, ist es für uns ein herzerfreuender, seelenerfrischender Anblick, Sie zur Eröffnung des ersten Kriegswaisenhauses der „Aguda“ hier begrüßen zu können. Nicht nur deshalb, weil doch meine Gemeinde die Nachbargemeinde des großen Wiener jüdischen Zentrums ist, von welchem die Ausstrahlungen über West- und Ostjudentum sich verbreiten (…) Sie finden ein warmes Echo in unser aller Herzen, nicht nur derjenigen, die hier bodenständig sind, sondern auch aller jener, die aus aller Herren Länder in dieser Metropole eines vielbesuchten Weltkurortes sich hier alljährlich sammeln. (…)

Meine hochgeehrte Festversammlung! Präget es Euch unvergeßlich und unvergänglich ein: Wenn es überhaupt im menschlichen Leben eine Stätte gibt, die wert und würdig ist mit dem Heiligtume G-ttes* verglichen zu werden, so ist es das Waisenhaus: wo Waisenkinder wohnen – dort auch wohnt die Scheechina G-ttes! (…)

Gewiß, jedes Waisenhaus hat eine solche Vorgeschichte: um Waisenkind zu werden, mußten erst Vater oder Mutter dem Kinde durch den grausen Tod entrissen werden: aber es ist ein natürliches Ereignis, das sich seit Menschengedenken in gleicher Weise wiederholt. Es genügte daher auch, wenn hie und da ein einzelnes Waisenhaus gegründet worden ist. Wie ganz anders ist es jedoch mit dieser Art von Waisenhaus, das wir heute eröffnen!? Welche schauerliche Schattenbilder des Schreckens tauchen da vor unserem Geistesauge auf!? Wir erzittern innerlich, unsere Augen füllen sich da unwillkürlich mit Tränen, wenn wir bedenken, wie diese hier aufzunehmenden Waisenkinder ihrer Eltern grausam beraubt worden sind. Es waren vielleicht die schrecklichsten Todesarten, unter unmenschlichen Qualen und Torutren, unter denen Vater oder Mutter gerade dieser Waisenkinder ihr Leben ausgehaucht haben. Gerade diese Kinder haben zumeist mit ihrem kindlichen unschuldigen Augen in die von Martern brechenden Augen des erschlagenen Vaters, der unbarmherzig ermordeten Mutter blicken müssen, die kein anderes Verbrechen begangen hatten – nur weil Sie Juden waren.(…)

Die Judenheit ist in dieser grauenerregenden Nachkriegszeit vogelfrei, wie in einer Wüste. Ja, sogar die jüngste Erwartung, die letzhin aufleuchtende Hoffnung, die uns wie ein Morgenrot der Errettung aus der palästinensischen Heimstätte zu erstrahlen schien, hat uns schon die ersten Enttäuschungen gebracht. Mord und Todschlag in Erez Jisroel, Pogrome auch dort auf dem Boden, wo uns eine siegreiche Weltmacht schützt. (…)

Als solche können wir die g-ttbegeisterten Führer des orthodoxen Weltvereines der „Agudas Jisroel“ bezeichnen; hier sehen wir gegenwärtig Mandatare dieser Weltvereines bei der Eröffnung dieses Kriegswaisenhauses, wir rufen ihnen zu (…) „Ihre Ankunft hier in Baden sei gesegnet“

(*) in religiösen Publikation wird das Wort Gott nicht ausgeschrieben sondern entweder mit G tt, G“tt oder G-tt umschrieben.

Im jüdischen Waisenhaus fanden 40 Knaben im vom sechsten bis zum vierzehnten Lebensjahr Platz. Die Burschen wurden streng orthodox erzogen. Zusätzlich zum religiösen Unterricht - der immer am Nachmittag stattfand - besuchten die Burschen eine öffentliche Schule. Ab Ende der zwanziger Jahre verfügte das Waisenhaus über eine lizenzierte Privatschule. Die Burschen hatten aus religiösen Gründen ständig eine Schirmkappe zu tragen. 1929 wurde der Verein „Jüdisches Waisenhaus Baden“ sowie der „Bund ehemaliger Zöglinge des Badener Waisenhauses“, gegründet um die weitere Finanzierung zu sichern. Direktor des jüdischen Waisenhauses war bis zur Schließung des selbigen im Jahre 1938 Philipp Friedmann (1882 – 1941). Philipp Friedmann wurde gemeinsam mit seiner Frau Paula Friedmann (1886 – 1941) im Jahr 1941 nach Opole deportiert.

Hierbei handelt es sich um einen Ausschnitt aus dem Stummfilm „Opfer des Hasses“ der 1923 für das „Jüdische Hilfswerk“ gedreht wurde. Ziel war es Spenden für die jüdischen Waisenhäuser zu sammeln. Beim hier publizierten Ausschnitt werden das Waisenhaus in Baden, die medizinische Untersuchung sowie die Leibesertüchtigung und der Unterricht gezeigt.

Im zweiten Stock des jüdischen Waisenhauses gab es einen Lehrsaal, der auch zur Abhaltung von Gottesdiensten verwendet wurde. Dem Waisenhaus stand auch ein eigener Thoraschrein zur Verfügung.

Das jüdische Waisenhaus wurde am 01.10.1938 offiziell geschlossen. Die Vereine „Kriegswaisenfonds der Agudas Jisroel“ und der „Förderverein Jdisches Waisenhaus“ 1939 gelöscht und die Liegenschaft Germergasse 48 an die Stadt Baden übertragen. 1939 wurde das Haus an Hermann Gauder verkauft, der es 1949 an den wiedererichteten Kriegswaisenfonds zu restituieren hatte. Genutzt wurde das Gebäude jedoch nicht, da die jüdischen Waisenkinder fehlten. 2006 wurde das Gebäude restauriert sowie ein Neubau angeschlossen. Es wird heutzutage als Wohnhaus genutzt.

Geplantes Waisenhaus, Kornhäuselgasse 10

Aufgrund der Vielzahl von jüdischen Waisenkindern war ein zweites jüdisches Waisenhaus in Baden geplant. Mit finanzieller Hilfe des Schweizer Kriegswaisenfonds wurde deshalb die Liegenschaft Epsteingasse 10 (heute Kornhäuselgasse 10) erworben.

Den Plänen zufolge sollten hunder männliche Waisenkinder dort untergebracht werden. Die „Jüdische Presse“ von 03.03.1923 berichtet über die Aufnahme von 120 Mädchen. Zur tatsächlichen Einrichtung eines zweiten Waisenhauses ist es nie gekommen. Letztendlich wurden die Pläne für die Liegenschaft verworfen und das Grundstück 1930 wieder verkauft.

Jüdischer Friedhof, Halsriegelstraße 2

Wenn Sie diese Website auf einem großen Bildschirm betrachten, befindet sich unter diesem Absatz ein dreidimensionales, virtuell begehbares Abbild des Friedhofs. Aus technischen Gründen ist es nicht möglich den Friedhof in seinen Dimensionen 1:1 abzubilden, dennoch spiegelt das Gezeigte die Atmosphäre des Originals wider. Nach einem Klick auf das Element kann man sich mit den Pfeiltasten oder der gedrückten linken Maustaste bewegen.

Um das begehbare 3D-Abbild des Friedhofs betreten zu können, ist der Unity Web Player erforderlich. Keine Sorge, sollten Sie es nicht installiert haben, werden sie automatisch dazu aufgefordert. Die Installation erfolgt nahezu automatisch, geht schnell und es ist kein Wissen dazu erforderlich.

In der Welt können Sie sich mit den Pfeiltasten, der Maus und den W-A-S-D-Tasten bewegen. Um den Realitätsgrad zu erhöhen, verändert sich die Lichtsituation analog zur Tageszeit, zu der Sie das Abbild aufrufen.

Das Abbild hat eine Dateigröße von 16MB, bei langsamen Leitungen kann es daher zu erhöhter Ladezeit kommen.

Am 26. November 1871 wurde das Grundstück an der heutigen Adresse Halsriegelstraße 2, das damals als Acker genutzt wurde, durch den Israelitischen Kultusverein angekauft, um einen jüdischen Friedhof zu errichten. Nachdem die Behörde das vorhandene Grundstück als zu klein kritisierte wurde 1873 ein weiterer Acker angeschafft. Die Gesamtgröße betrug nun etwa 4000 m². Auf dem Areal wurde ein Wärterhaus samt Aufbahrungshalle und Sezierzimmer eingerichtet. Aufgrund einer behördlichen Auflage zur Vorbeuge von Scheintoden, wurde den Leichen ein Stück Leitungsdraht um die Hand geschlungen, dieser Draht war wiederum mit einer Glocke in der Wärterwohnung verbunden.

Noch vor der offiziellen Eröffnung und der Einfriedung des Grundstückes wurde das 22 jährige Choleraopfer Salamon Zadik Levi auf dem Friedhof begraben. 1878 kaufte die neu gegründete Kultusgemeinde den Friedhof. Die Verwaltung des Friedhofes wurde auf die 1874 gegründete Beerdigungsbruderschaft Chewra Kadischa übertragen. 1897 wurde zusätzlich der links angrenzende Acker mit einer Fläche von 5147 m² erworben. Am 14. November 1903 wurde der renommierte Architekt Wilhelm Stiaßny mit der Ausarbeitung von Plänen für eine neue Zeremonienhalle betraut.

Als Baumeister wurde der Stadtbaumeister Anton Breyer (Sohn von Franz Breyer) beauftragt.

Quelle: Stadtarchiv Baden

Am 11. November 1904 wurde in der neuen Zeremonienhalle Frau Kundy Seiler verabschiedet. Am 4. März 1906 wurde der eigens aus Jerusalem beschaffte 200 KG schwere Schlussstein gelegt.

Die Zeremonienhalle war 16 Meter lang und neun Meter breit. Die Kuppel war 10 Meter hoch. 1913/1914 sowie 1923 wurde der Friedhof durch Zukäufe erweitert und erreichte seine jetzige Größe von ca. 13.000 m². Am 10. November 1938 wurde die Zeremonienhalle gesprengt. Die Lokalpresse ging auf die Vorkommnisse nicht ein. In zynischer Manier führte die Stadt Baden gegenüber der jüdische Gemeinde den Betreff „Baugebrechen an der Zeremonienhalle des jüdischen Friedhofes in Baden“ an und forderte sie auf den Schutt „den Schutt zu entfernen und den Friedhof in zierlicher Art einzufrieden, sodass von außen nicht mehr auf einen jüdischen Friedhof geschlossen werden kann.“ Die letzte Beerdigung fand am 29.12.1939 statt. Es handelte sich um das Gemeindemitglied „Eugen Lemberger“

1940 gelang der jüdische Friedhof durch Arisierungswege in den Besitz der Stadt Baden. Ein Abtragen der Grabsteine konnte mit dem Hinweis, dass die Grabsteine nicht Gegenstand des „Kaufvertrages“ werden, verhindert werden. Die Grabsteine seien nämlich kein Eigentum der israelitischen Kultusgemeinde Baden, sondern der Hinterbliebenen. Die Nazizeit überstand der jüdische Friedhof – mit Ausnahme der Sprengung der Zeremonienhalle im Jahr 1938 – ohne weitere Schändungen. Erst zwei Jahre nach dem Ende des nationalsozialistischen Terrorregimes wurden 39 Grabsteine zum Teil schwer beschädigt - die Täter konnte jedoch nicht ausgeforscht werden.

Quelle: Stadtarchiv Baden

Am 21. Oktober 1947 wurden die sterblichen Überreste von erschossen Zwangsarbeiter/innen (Erschießung in Altenmarkt) am jüdischen Friedhof in Baden beigesetzt. Die Pflege des Friedhofes übernahm die Familie Felbermaier – mehrere Generation hinweg – von 1874 bis 1993. Der Friedhof wird – als einer der wenigen in Niederösterreich – auch heute noch belegt.

Koschere Geschäfte

Baden hatte aufgrund seiner großen jüdischen Gemeinde und den zahlreichen jüdischen Sommergäste ständige sowie saisonale (also lediglich in den Sommermonaten betriebene) koschere Geschäfte.

Fleischbank Friedrich Schabes, Erzherzog Rainer Ring 2

1919 ließ sich das Ehepaar Friedrich und Regine Schabes in Baden nieder. Gemeinsam eröffneten sie an der Adresse Erzherzog Rainer Ring 2 die erste koschere Fleischbank in Baden. Sie stand unter ständiger Aufsicht des Badener Rabbinats und entrichtete einen Zuschlag zum Fleisch (die sogenannte Gabele) an die jüdische Gemeinde. Die Gabele berechnete sich nach dem Gewicht. Die Geschäftsräumlichkeiten wurden 1929 umgestalten. Im Jahr 1938 mussten sie ihr Geschäft zusperren.

Dem Ehepaar Schabes sowie ihren drei Kindern gelang im Februar 1939 zunächst die Flucht nach Antwerpen/Belgien. Im Mai 1940 marschierte die Wehrmacht in Belgien ein. Friedrich und Joseph Schabes wurden zunächst in das Konzentrationslager Saint Cyprien (Frankreich) deportiert.

In weiterer Folge kamen sie in das Konzentrationslager Gurs (Frankreich). Regine Schabes sowie den anderen beiden Kindern Lotte und Alfred Schabes gelang zunächst die Flucht. Lotte Schabes starb 1940 infolge einer Infektion und der unzureichenden medizinischen Versorgung. Im Jänner 1941 schlossen sich Friedrich und Joseph Schabes der Arbeitskompanie „Compagnie de travailleurs étrangers“ an, dadurch konnten sie das Konzentrationslager Gurs verlassen. Letztendlich gelang ihnen die Flucht in die Vereinigten Staaten.

Gemischtwaren Regine Milrom, Mozartstraße 10

Das Ehepaar Regine und Szame Milrom betrieb ab Anfang der 20iger Jahre einen koscheren Gemischtwarenhandel in der Mozartstraße 10. Es wurden sämtliche Grundnahrungsmittel wie koschere Butter, Käse und Milch verkauft.

Quelle: Privatsammlung Rosen

Das Geschäft bestand bis 1938. 1939 verließ die Familie Baden, den Kindern Bernhard und Marcell Milrom die Flucht nach Palästina gelang. Regine Milrom wurde 1941 nach Litzmannstadt deportiet. Szame Milrom wurde in Jugoslawien ermordet.

Gemischtwaren Wolf Schmahl, Beethovengasse 3

Anna und Wolf Schmahl betrieben in der Beethovengasse 3 einen koscheren Gemischtwarenbetrieb. Das Geschäft bestand bis zum Anschluss 1938. Der Familie gelang die Flucht nach Großbritannien. Die älteste Tochter Gisa wanderte 1939 nach Palästina aus.

Koschere Waren Leopold Schischa, Neustiftgasse 11

Zumindest für das Jahr 1923 ist der Verkauf von koscheren Artikeln durch Leopold Schischa in der Neustiftgasse 11 nachgewiesen.

Quelle: Jüdische Presse 23.11.1923 // digitalisiert von compactmemory.de

Bäckerei Moritz Adler, Antonsgasse 10

Der Bäckergehilfe Moritz Adler wohnte zuletzt mit seiner Frau Irene in der Antonsgasse 10. Da Moritz Adler selbst über keine Backstube verfügte, mietete er sich bei anderen Backstuben ein. Er lieferte seine Waren morgendlich selbst aus. Dadurch bekam er in Baden den Spitznamen „Moishe der Bäcker“.

Feinwurst u. Selchwaren Eisen & Honigsber, Wassergasse 29

Ab 1920 betrieb Jakob Eisen in der Wassergasse 29 ein koschere Feinwurst und Selchwarenfabrik. Vermutlich ab 1924 wurde die Filiale im Hof des Erzherzog Rainer Rings 18 betrieben. In den Sommermonaten des Jahres 1937 öffnete die Badener Filiale zum letzten Mal.

Quelle: Die Wahrheit 04.04.1924 // digitalisiert von compactmemory.de

Selchwaren Moritz Lazar, Alleegasse 5

Ab 1912 bis vermutlich 1918 bestand auch eine Verkaufsfiliale der Selchwarenfabrik Moritz Lazar in Baden. Es wurde zunächst in der Annonce in der Wochenzeitung „Die Wahrheit“ die Adresse Alfred Zinner, Allegasse 5 angegeben, ab 1913 jedoch wurde nur noch ein Hinweis auf eine Verkaufsstelle in Baden vermerkt.

Fleischhauer Alois Falker, Gutenbrunnerstraße 13

In den Jahren 1922 und 1923 wirbt der Fleischhauer Alois Falkner mit koscheren Fleisch in der jüdischen Wochenzeitung „Die Wahrheit“.

Selchwarengeschäft Lock, Marienquelle

Bis zur Sommersaison 1937 bestand in der Nähe der Marienquelle auch die Badener Filiale des Selchwarengeschäfts Lock.

Koschere Restaurants & Hotels

Da es in Baden schon seit jeher einen blühenden Tourismus gab und sich darunter auch stets viele jüdische Gäste befanden, gab es nicht nur zahlreiche koschere Restaurants sondern auch Hotels.

Rausnitz, Annagasse 18

In der Annagasse 18 fand sich ab 1891 das Restaurant der Familie Rausnitz. Im Haus wurden neun Zimmer vermietet. Das Restaurant war bei der jüdischen sowie nichtjüdischen Bevölkerung gleichermaßen beliebt. In dem Lokal trafen sich unter anderem Größen wie Alfred Grünfeld, Alexander Giradi und Carl von Zeska.

Quelle: Stadtarchiv Baden

Nach dem Tod von Otto Rausnitz im Jahr 1936 leitete Josef Auerbach das Restaurant. Josef Auerbach führte zuvor ein Restaurant in Bad Vöslau. Nach der Saison 1937 schloss das Hotel/Restaurant Rausnitz seine Pforten.

Schey, Annagasse 23

Das Hotel und Restaurant Schey befand sich in der Annagasse 23. Es galt als streng orthodox und war ein Anziehungspunkt für zahlreiche religiöse Feierlichkeiten wie z.B. Vermählungen. Im Hotel Schey standen zuletzt acht Zimmer mit dreizehn Betten zur Verfügung.

Quelle: Jüdische Presse 30.03.1923 // digitalisiert von compactmemory.de

Ab 1938 war das Hotel Schey eines der letzten Häuser, in denen noch Juden aufgenommen werden durften. Danach wurde die Liegenschaft „verkauft“. David und Frida Schey gelang die Flucht nach Shanghai. Sie lebten zuletzt in der Nähe von Melbourne (Australien).

Tonello/Stern/Nagel, Antonsgasse 13-15

Vermutlich um das Jahr 1897 eröffnete das bekannte Wiener Restaurant Tonello eine Filiale in der Antonsgasse 13-15. Nach dem Tod des Betreibers (Sigmund Tonello) im Jahre 1906 bestand der Betrieb weiterhin fort, firmierte aber unter unterschiedlichen Namen wie „Guth vormals Tonello“,nur „Guth“ sowie „Tonellos Nachfolger“.

Von 1923 bis 1924 hieß das Lokal in der Antonsgasse Hotel Stern. Ab Juli 1924 Restaurant Nagel. 1929 schloss das Lokal aufgrund von rückgehenden Besucherzahlen. Der Grund für den Niedergang des Lokals, war wohl die starke Konkurrenz, die Wirtschaftskrise und der aufkeimende Antisemitismus, der viele jüdische Kurgäste von einem Besuch in Baden abhielt.

Pension und Speisehaus Hermine Eichner, Rollettgasse 7

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ließ sich die Familie Eichner in Baden nieder. Schon früh betätigte sich die Familie im Gastgewerbe. Ab 1913 betrieb Hermine Eichner in der Rollettgasse 7 eine Pension mit fünf Zimmern und einem Speisehaus. Der Betrieb bestand bis nach der Sommersaison 1938. Hermine Eichner wurde am 28.07.1942 nach Theresienstadt deportiert. Am 21.09.1942 wurde Hermine Eichner in das Vernichtungslager Treblinka (Polen) verschleppt wo sie ermordet wurde.

Hotel Mansch, Neugasse 25

Von 1874 bis 1879 bestand vermutlich in der Neugasse 25 das koschere Hotel Mansch. Es wurde von Jakob Mansch betrieben.

Jüdische Stiftungen

In der ersten Hälfte des 20 Jahrhunderts gründeten sich zahlreiche Stiftungen mit jüdischem Bezug in Baden. Ein Großteil der Stiftungen verfügte 1938 bedingt durch die Geldentwertung der 20iger Jahre über kein nennenswertes Vermögen mehr.

Hermann Todesco Stiftung für arme Badebedürftige

Die Stiftung wurde 1846 gegründet. Der Stiftungszweck war die Einrichtung einer Unterkunft für arme Badebedürftige. Insgesamt standen 40 Plätze zur Verfügung, jeweils 20 für Juden und 20 für Christen. Die Stiftung wurde 1938 aufgelöst und das Stiftungsvermögen durch den Stillhaltekommissar eingezogen. 1955 wurde die Stiftung wieder gegründet.

1993 wurde die "Hermann Todesco Stiftung" aufgelöst, weil sie ihren Stiftungszweck nicht mehr erfüllen konnte und ihr Vermögen in das Eigentum der Stiftung Wohltätigkeitshaus Baden mit einem ähnlichen Stiftungszweck übertragen, und zwar, unter der Auflage, der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, ein Vorschlagsrecht für jährlich zwei Freigäste in der "Badekuranstalt Mariazellerhof" (nunmehr "Badenerhof Gesundheits- und Kurhotel") unter den übrigen Bedingungen einzuräumen.

Quelle: NÖ Landesarchiv

Ludwig Schlesinger Stiftung

Die Ludwig Schlesinger Stiftung hatte die Errichtung eines jüdischen Krankenhauses in Baden zum Ziel. Die Stiftung wurde 1939 aufgelöst und das Vermögen in Höhe von 3000 Reichsmark durch den Stillhaltekommissars eingezogen.

Literaturverzeichnis

  • Schärf T. (2005): Jüdisches Leben in Baden - Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Mandelbaum Verlag, 1. Aufl.
  • Meissner M./Fleischmann K. (2002): Die Juden von Baden und ihr Friedhof, Grasl, 1. Aufl.
  • Lind C. (2004), Der letzte Jude hat den Tempel verlassen, Mandelbaum, 1. Aufl.
➡  English